Main Index >> Media Index >> Kid A Media | German Media | 2000 Interviews
Herbstmusik[er]? Introvertierte? Verweigerer?
Was sollen uns diese Worte sagen? Sie alle stellen mögliche Bezugssysteme dessen dar, was man allgemein als Covergeschichte bezeichnet. Wenn drei Bands, jede für sich, den harten Ansprüchen für eine Coverstory gerecht werden, ist dies zunächst, individuell betrachtet, sowohl für Leser als auch Heftmacher schon eine schöne Sache. Wenn man sie allerdings ernsthaft in Beziehung zueinander setzen kann, macht es die Sache noch viel spannender - es muss allerdings plausibel und intersubjektiv nachvollziehbar passieren, sonst wirkt es nur aufgesetzt und deplatziert und raubt den einzelnen Beiträgen durch einen Geschmack konstruierter Kontextualität ihre verdiente Wirkung.
by Thomas Venker / Photo by Jens Boldt



Text.
DIGITAL IST BESSER
Text: Heiko Hoffmann / Interview: Thomas Venker



Auf der aktuellen Tour spielt ihr in einem eigens dafür konstruierten Zelt. Dahinter steckt die Idee, die Umgebung selbst zu kreieren, eine der Musik gerecht werdende Umgebung zu schaffen und - vor allem - den bestmöglichen Livesound zu haben. Zufrieden?
Oh ja, man weiß ja vorher nicht, wie das so wird. Wir haben das Zelt auch erst beim ersten Gig zum ersten Mal gesehen. Es ist toll geworden. Wir sind sehr zufrieden.
Habt ihr das gesamte Arrangement mit dem Zelt vorher auf einen Platz gepackt, um den Sound zu testen?
Nein. Verrückt, aber niemand hatte es gesehen bis zu dem Tag, an dem es aufgebaut wurde. Niemand wusste, ob es funktionieren würde.
Ich mag die Innenseite gerne, sie ist von einem japanischen Designer namens Nguchya entworfen worden. Innen ist es wie im Bauch eines Wales. Das ist aber auch die Wirkung des japanischen Designs, mit all den Stützen und Balken ...
Es ist eigentlich schon unglaublich, dass ihr es nur für eure Tour entworfen habt. Wenn man sich da diese ganzen beschissenen Festivals auf irgendwelchen Ackern vergegenwärtigt ...
Das Ganze ist auch ein ganz schön teurer Spaß ... Wir werden bei dieser Tour kein Geld machen. Andere Bands touren, um Geld zu verdienen, wir machen entweder Verluste oder kommen gerade mal so davon. Wir machen das, weil wir verrückt sind ...
Das bewirkt aber auch, dass das Publikum dieses Konzert nie vergessen wird ...
Es ist gut, weil das Publikum sieht, dass wir uns bemühen. Fast die gesamte Tour ist ausverkauft, bis auf Paris. Ich fände es groß, wenn wir das alles auch in den Staaten realisieren könnten. Und noch mehr damit spielen. Vielleicht ein paar DJs reinbringen, ein paar neue Ideen. Es ist toll, weil es uns gehört. Wir können nach Lust und Laune Dinge verändern und neue Sachen ausprobieren. Andererseits sind wir aber auch froh, dass das Ende unserer Tour in Sicht ist. Was uns aufrechterhält, ist, dass wir zwischen den Konzerten immer wieder die Zeit finden, von dem Touralltag wegzukommen.
Wie kam es, dass Sigur Rós für euch supporten?
Ich habe Thom eine ihrer älteren Platten gegeben, und er mochte sie. Das ist das Schöne an unserer Position: wir können uns die Bands einladen, auf die wir Lust haben. Wir hatten dieses Jahr ja auch schon Clinic im Vorprogramm, die sind auch fantastisch. Sigur Rós. Die sind großartig. Auch nette Leute. Die hören sich wie von Slowdive beeinflusst an.
Ich habe gehört, dass du auch viel von dem Kölner Zeug magst, Musik von A-Musik und Kompakt.
Ja, allerdings mag ich Mouse On Mars nicht so gerne. Die sind mir zu poppig.
Glaubst du, dass diese Musik einen direkten Einfluss auf die neue Platte hatte?
Wir haben seit dem letzten Jahren zumindest verstärkt zu elektronischer Musik gefunden. Die Sachen hören sich sehr innovativ an, innovativer vielleicht als das, was wir bislang gemacht haben. Was ich auch gerne mag, ist SND. Die machen wunderschöne Sounds. Großartige Samples und Scratches. Es gibt auch einen sehr guten Typen aus San Francisco ...
Kid Clayton vielleicht? Die Szene dort ist im Moment sehr interessant. Eine Menge Laptop-Elektronica.
Ja. Ein Problem bei elektronischer Musik ist allerdings häufig, dass die Melodien zu schwach sind. Die Melodien werden nur durch die Beats zusammengehalten. Und die Sounds sind dann leider auch manchmal nicht so gut, die hören sich eben an, als kämen sie aus einem Laptop.
Oft ist diese Musik ja bewusst nicht gut produziert, da die Musiker diesen Low-fi-Aspekt drin haben möchten.
Ja, und das gefällt mir nicht. Es hört sich tot an. Es gibt keine melodische Entwicklung in dieser Musik, mir fehlt dann oft das Musikalische daran. Das Problem selbst bei den Guten ist, dass die Leute oft nur von einer Idee leben und aus dieser Idee ihre Musik machen, da läuft man Gefahr, sich zu wiederholen. Ein Track haut dich um, der Rest trägt die gleiche Idee in sich, ist aber nicht so stark. Diese Musik entkommt nur selten dem Schlafzimmer, in dem sie aufgenommen wurde. Das ist eine Schande, aber gerade das ist für uns auch eine Herausforderung. Also schnappen wir uns unsere Laptops und versuchen Laptop-Musik zu machen.
Es wird auch zuviel releast. Manche dieser Leute bringen jeden Monat eine neue Platte raus. Das ist zuviel, finde ich.
Genau, die Musik hat nicht genug Zeit. Und es ist zu unübersichtlich ... Du brauchst jemanden, der dir sagt, was gut ist, einen Filter, weil es einfach zuviel ist.
Wenn man von einer Band, von der man schon ein paar Platten kennt, eine neue Platte vorliegen hat, dann muss eine Veränderung vorliegen. Sonst kann man höchstens sagen, die Platte ist so gut wie die vorangegangene, aber nichts wäre enttäuschender als keine Veränderung.
Seit den Beatles sind britische Bands Meister in diesem Fach. Die waren doch die Besten. Die haben sich mit jeder Platte verändert. Die Rolling Stones haben doch immer das Gleiche gemacht, oder? Ich glaube, dass Thom ziemlich unzufrieden war mit der Musik in England. Alle hörten sich an wie Radiohead. Also mussten wir etwas ändern. Change or die.
Wie arbeitet ihr? Habt ihr zuerst ein Konzept, dem dann die Musik folgt?
Erst machen wir die Musik, und dann sehen wir, wohin die Musik führt. Wir haben die Musik auf unseren Rechnern und überspielen sie dann auf Tapes, Tapes sind immer noch sehr wichtig. Man hört, wenn Musik professionell editiert wurde. Das Timing und der Rhythmus der Maschinen überlagern jene der Menschen. Wir kommen immer wieder darauf zurück, auf Tape aufzunehmen. Gerade bei diesem Album haben wir alles eingespielt, nur um es anschließend zu manipulieren.
Habt ihr diesmal wieder mit eurem Produzenten Nigel Godrich zusammengearbeitet?
Ja, er ist mittlerweile fast wie ein Mitglied der Band. Da kommen wir auf noch einen interessanten Punkt. Nigel wurde von unserem Management [das auch das Management von Supergrass ist] um Rat bezüglich des Produzenten von Supergrass gefragt. Wir haben darüber nachgedacht und sind zu dem Schluss gekommen, dass es kaum noch bandeigene Plattenproduzenten gibt. Die Leute haben heute so viele Möglichkeiten, sich selbst zu produzieren. Die kreative und die technische Welt sind viel näher aneinandergerückt. Der traditionelle Rockproduzent existiert nicht mehr richtig. Sie sind mehr zu Programmierern geworden. Und da sie als Programmierer sowieso mehr kreative Entscheidungen zu treffen haben als früher, machen sie wohl auch selbst Musik, statt Musik für andere zu produzieren.
Aber wäre es nicht auch für einige der elektronischen Musiker hilfreich, einen Produzenten wie ihr zu haben?
Ja, vielleicht. Alles verändert sich. Es ist nicht nur die Musikindustrie, die sich ändert, auch die Musiker ändern sich. Was wir planen, und was ich sehr aufregend finde, ist zum Beispiel, so etwas wie den Sound aus Cologne umzusetzen mit uns fünf Musikern. Bei elektronischer Musik ist man meist alleine, manchmal zu zweit, aber wir sind zu fünft. Fünf Leute, deren Köpfe Musik generieren, das würde bestimmt sehr spannend sein. Wenn einer alleine Musik macht, dann hört man auch, dass die Musik ausschließlich einem Gehirn entspringt. Welche Möglichkeiten hat man mit der heutigen Technik und der Kreativität zu fünft ...
Ihr habt euch dafür entschieden, keine Single zu veröffentlichen.
Wir haben unserem Management auch schon bei unseren bisherigen Alben versucht klarzumachen, dass es keine Singles auf dem Album gibt. Bei jedem Album haben die uns erzählt, es gäbe Singles, aber dieses Mal konnten sie uns nicht überzeugen.
Eure Platte empfinde ich sowieso eher als Konzeptalbum. Bei derartigen Platten ist es immer ein Problem, eine Single auszukoppeln.
Ja, und dann für MTV noch ein Video zu produzieren ... Heute ist dort alles nur noch Glamour. Rockvideos sehen aus wie Madonna-Videos. Das ist alles austauschbar geworden. Ideen von zwei oder sogar nur einem halben Jahr alten Videos werden recycelt für ein neues Video. Wir möchten uns von so etwas abheben. Wenn wir jetzt so weitermachen würden wie bisher, würden wir aussehen wie Leute, die versuchen, Radiohead zu kopieren. Das wäre zu verrückt ... zu postmodern.
Gibt es keine Klagen von eurer Plattenfirma deswegen?
Nein, denn wir haben hart an Alternativen gearbeitet, wie zum Beispiel unseren „Blips“. Das sind dreißig Sekunden lange Video-Animationen. Wir haben darüber nachgedacht, was wir an Videos hassen. Ein Video ist nichts weiter als die Visitenkarte eines Regisseurs, der gerne Werbung machen würde. Aber keine gute Werbung geht dreieinhalb Minuten lang. Und gute Werbung stellt auch keine Leute dar, die Instrumente spielen. Es sind auch schon viele Firmen wie zum Beispiel Guinness an uns herangetreten, die mit unserer Musik weltweite Kampagnen starten wollten. Wir haben ganz klar Nein gesagt, sind so aber auf die Idee gekommen, unser Produkt, also unsere Musik, in Form von 30-Sekunden-Spots selbst zu bewerben. Wir nehmen den besten Hook aus dem Song und werben in diesen Blips für unsere Musik. Außerdem arbeiten diese Blips sehr spannend mit den Programm-Intervallen des Fernsehens. Sie unterbrechen das Programm, statt Teil davon zu werden. Es gibt sie auch im Internet zum Download.
Diskutiert ihr eigentlich über die Songtexte in der Band?
Nein, Thom wollte für sich versuchen, über anderes zu singen. Er sucht nach anderen Ideen und hat mit dem Prozess noch immer nicht abgeschlossen. Die Lyrics sind etwas Persönliches, darüber wird weder in der Band noch bei Interviews gesprochen.
Eines der Stücke heißt „To Disappear Completely“ - ist das auch das Ziel der Band?
Thom hat vor zwei Jahren in Kanada angefangen, diesen Song zu schreiben. Es ging darum, sich all dem Druck und den Erwartungen während der Tour zu entziehen. Ich glaube, es ist auch ein Verweis auf eine amerikanische Internetseite, auf der ein Handbuch zu dem Thema „How To Disappear Completely And Never Be Found“ zu finden ist. Auf der Seite geht es ernsthaft um das Abtauchen in den Untergrund, um eine Änderung seiner Identität, um sich der alltäglichen Kontrolle durch die amerikanische Regierung zu entziehen.
Du hast eben zugestimmt, dass einige der Laptop-Musiker zu viele Platten veröffentlichen. Ihr habt ja eher das umgekehrte Problem. Ihr braucht so lange für ein neues Album, dass entsprechend zur Produktionsdauer auch die Erwartungen und der Druck steigen.
Ja, und das möchten wir in Zukunft ändern. „Kid A“ ist erst mal das letzte Album, das wir im typischen Album-Tour-Album-Zyklus erstellt haben. Wir wollen von nun an mehr Musik veröffentlichen, nur wissen wir noch nicht genau wie. Im Frühjahr wird es vielleicht ein neues Album mit zwölf Songs geben, die wir zwar schon live spielen, die aber nicht auf „Kid A“ sind. Vielleicht veröffentlichen wir aber auch eine Reihe von EPs oder machen neue Stücke über das Internet zugänglich. Fest steht nur, dass Radiohead jetzt anders funktionieren.
RADIOHEAD INTERVIEW
mit Colin Greenwood (Bassist)


Aus der heutigen Perspektive gefragt: Hat sich die Tour im Juni [bei der sie nur in ausgewählten Locations wie Opernhäusern, Amphitheatern etc. gespielt haben] gelohnt? Haben sich eure diesbezüglichen Erwartungen erfüllt?
Ja. Wir wollten nicht immer in den gleichen anonymen Hallen spielen. Es waren wirklich außergewöhnlich schöne Locations. Besondere Abende.
Auf der aktuellen Tour spielt ihr in einem eigens dafür konstruierten Zelt. Dahinter steckt die Idee, die Umgebung selbst zu kreieren, eine der Musik gerecht werdende Umgebung zu schaffen und - vor allem - den bestmöglichen Livesound zu haben. Zufrieden?
Oh ja, man weiß ja vorher nicht, wie das so wird. Wir haben das Zelt auch erst beim ersten Gig zum ersten Mal gesehen. Es ist toll geworden. Wir sind sehr zufrieden.
Wärt ihr ohne dieses Zelt überhaupt noch auf Tour gegangen?
Wir haben in der Vergangenheit viel zu viel live gespielt. Da muss es schon etwas Besonderes, etwas Stimmiges sein, damit wir noch Lust darauf haben. [Zusatzinformation: In das Zelt passen 12.000 Besucher. Es gibt zwei Eingänge, und das Publikum wird dementsprechend in zwei Hälften geteilt, womit das Potenzial für Katastrophen verringert werden soll. Es gibt zwei von diesen Zelten, da der Auf- und Abbau zu lange dauert und daher mehr als die zwei üblichen off-days zwischen den Konzerten nötig wären - die Band spielt auf der Tour generell an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in einer Stadt, hat danach einen off-day und einen für die Probe am nächsten Konzertort. Ausnahme: London. Dort gibt es drei Auftritte, wegen erhöhter Schmarotzerquote.]
Wie kam es, dass Sigur Rós für euch supporten?
Ich habe Thom eine ihrer älteren Platten gegeben, und er mochte sie. Das ist das Schöne an unserer Position: wir können uns die Bands einladen, auf die wir Lust haben. Wir hatten dieses Jahr ja auch schon Clinic im Vorprogramm, die sind auch fantastisch.
Ich war sehr erstaunt, wie gut der Sound war. Ich war schon lange nicht mehr auf einer Show, wo der Sound so gut war wie gestern abend.
Ja, und er wird noch besser werden. Wir arbeiten sehr hart daran.
Dasselbe gilt für die Supportband.
Sigur Rós. Die sind großartig. Nette Leute. Die hören sich wie von Slowdive beeinflusst an.
Nach welchen Kriterien sucht ihr euch eure Supportband aus? Basis ist die Qualität ihrer Musik und ihre Fähigkeit, live zu performen.
Ist es dann immer so, dass ihr selbst die Band vorher kennenlernt?
Ja. Wir suchen sie immer selbst aus. Wir hatten leider noch keine Möglichkeit, Sigur Rós wirklich kennenzulernen, seit diese Tour angefangen hat, weil wir so busy waren, aber das werden wir nachholen. Auch Clinic, mit denen wir im Sommer getourt sind, sind sehr nett.
Wir planen zur Zeit die nächste Coverstory mit euch, allerdings in Verbindung mit Sigur Rós und Godspeed You Black Emperor ...
[erfreut und überrascht] Oh really? Godspeed? The New Progrock ...
Magst du sie? Ja. Sie sind okay. Godspeed haben wir viel gehört, als wir für die Aufnahmen unseres Albums in Dänemark waren. Wenn wir im Hotel waren, haben wir uns einiges davon angehört. Sie sind sehr gut, very sanft. Ich muss mir wieder was von denen besorgen.
[lobt Intro beim Durchblättern]
Dass wir gerade diese drei Bands aufs Cover packen, hat seinen Grund: Wir sehen schon eine Verbindung zwischen euch. Der gleiche Umgang mit Stille. Euer neuer Sound kommt dem Godspeed-Konzept sehr nahe. [sehr interessiert] Ist die neue Godspeed-Platte gut? Hast du die?
Sehr gute Platte. Ein Doppelalbum mit vier Stücken, die auf die vier Albumseiten verteilt sind - auf jeder der CDs sind dementsprechend je zwei Songs. Auf den ersten 20 Minuten der ersten Albumseite passiert fast nichts, na ja, du weißt, was ich meine, nur Veränderungen im klanglichen Mikrokosmos. Dann entwickelt sich der Sound wie eine Welle, was mich aber auch an euren Sound erinnert.
Cool.
Arbeitet ihr an einer Art Katharsis in euren Songs?
Ja. Davon gehe ich aus ... Das Interessante finde ich, wie wir uns auf Platte anhören und wie wir das dann live umsetzen.
Was sind die Unterschiede?
Ich würde sehr gerne Christian Klein kennenlernen, um mehr über Musik zu erfahren. Kennst du Morr Music, Thomas?
Er ist ein Bekannter von mir.
Kennst Du SND?
Ja. Das ist meine Lieblingsgeschichte im Moment. Ich möchte mir die neue Platte besorgen. Hast du sie? Ist sie gut?
Wieder gut, sehr zurückhaltend, dezent, noch reduzierter als bislang. Ich mag diese Mille Plateaux-Sachen generell sehr gerne.
Mille Plateaux ...
Achim Szepanski macht wirklich gute Sachen ...
Kannst du mir ein bisschen was aufnehmen, wenn ich dir meine Adresse gebe? Ein Freund von mir macht in Manchester für Mille Plateaux Vertrieb, aber ich finde es trotzdem schwer, an gute Musik ranzukommen. Es gibt viel gute deutsche Musik.
Ich habe gehört, dass du auch viel von dem Kölner Zeug magst, Musik von A-Musik und Kompakt.
Nur Mouse On Mars mag ich nicht so gerne. Die sind mir zu poppig.
Aber dieses andere Projekt von Jan, Microstoria, könnte dir gefallen.
Ich weiß nicht, wenn du irgendwelche guten Sachen hast, wäre das großartig.
Glaubst du, dass diese Musik einen direkten Einfluss auf die neue Platte hatte?
Wir haben seit dem letzten Jahren zumindest verstärkt zu elektronischer Musik gefunden. Die Sachen hören sich sehr innovativ an, innovativer vielleicht als das, was wir bislang gemacht haben. Was ich auch gerne mag, ist SND. Die machen wunderschöne Sounds. Großartige Samples und Scratches. Es gibt auch einen sehr guten Typen aus San Francisco ...
Kid Clayton vielleicht? Die Szene dort ist im Moment sehr interessant. Eine Menge Laptop-Elektronica. Und was ist mit diesem Chicago-Stuff wie beispielsweise Labradford?
Leider kenne ich nichts davon.
Ich hatte beim Hören eurer Platte den Eindruck, ihr hättet euch viel mit Obengenannten auseinandergesetzt.
Wenn du zurück in Köln bist, dann nimm mir was auf. Als ich da war, hab’ ich mir alle Mantronix-12-Inches und einiges von Kompakt gekauft.
Ich habe auch ein kleines Label, ich werde dir da auch mal was zuschicken.
Cool. - Mein Problem bei elektronischer Musik ist, dass die Melodien meist zu schwach sind. Die Melodien halten nur durch die Beats zusammen. Und die Sounds sind leider auch nicht so gut, die hören sich eben an, als kämen sie aus einem Laptop. SND außen vor gelassen. Wunderschöne Sounds. Großartige Samples und Scratches. Ich habe eine Morr-Label-Compilation [„Brint The Morr Back Into Morrissey“-Sampler, siehe Intro #78, Probefahrt/Tonträger & Heimspiel], die ist nicht so gut, wirklich, manche Sachen ja ... Ich mag zum Beispiel den einen Track, wo der Ringmodulator von Akai benutzt wird. Das ist eines der netten Programme ...
Oft ist diese Musik ja bewusst nicht gut produziert, da die Musiker diesen Low-fi-Aspekt drin haben möchten. Das mündet dann in eine eher „lustige“/trashige Elektronik.
Ja, und das gefällt mir nicht. Es hört sich tot an. Es gibt keine melodische Entwicklung in dieser Musik. Und die Beats hören sich auch nicht so toll an ... Na ja, was ich für interessant halte, ist die Entwicklung in den USA. Der Sound aus den Staaten klingt besser.
Zurück zum Thema Sound bei euch: Wie habt ihr euren Sound getestet?
Wir haben ein sehr teures französisches PA-System: Vidos. Wir haben dieses System schon mal in den Staaten benutzt, als wir vor etwa vier Jahren dort getourt sind. Andrew, unser Sound-Engineer, hat außerdem eine Midi-Effekt-Mische. Das ist das zentrale Mischpult, mit dem unser Sound live sehr nahe an den Sound vom Album kommt. Wir wollen aber, dass der Sound live anders ist. Er versucht das umzusetzen.
Habt ihr das gesamte Arrangement mit dem Zelt vorher auf einen Platz gepackt, um den Sound zu testen?
Nein. Verrückt, aber niemand hatte es gesehen bis zu dem Tag, an dem es aufgebaut wurde. Niemand wusste, ob es funktionieren würde. Ich mag die Innenseite gerne, sie ist von einem japanischen Designer namens Nguchya entworfen worden. Innen ist es wie im Bauch eines Wales. Das ist aber auch die Wirkung des japanischen Designs, mit all den Stützen und Balken ...
Es ist eigentlich schon unglaublich, dass ihr es nur für eure Tour entworfen habt. Wenn man sich da diese ganzen beschissenen Festivals auf irgendwelchen Ackern vergegenwärtigt ...
Das Ganze ist auch ein ganz schön teurer Spaß ... Wir werden bei dieser Tour kein Geld machen. Andere Bands touren, um Geld zu verdienen, wir machen entweder Verluste oder kommen gerade mal so davon. Wir machen das, weil wir verrückt sind ...
Das bewirkt aber auch, dass das Publikum dieses Konzert nie vergessen wird ...
Es ist gut, da das Publikum sieht, dass wir uns bemühen.
Wart ihr nervös, wie die Leute auf das neue Material reagieren würden?
Ja, klar, aber ich glaube, dass es den Leuten gefallen hat. Sie haben sehr konzentriert zugehört. Sie schienen sehr aufgeregt zu sein. Sie haben uns wirklich gut supportet. Das ist unglaublich, fast die gesamte Tour ist ausverkauft, bis auf Paris. Ich fände es groß, wenn wir das alles auch in den Staaten realisieren könnten. Und noch mehr damit spielen. Vielleicht ein paar DJs reinbringen, ein paar neue Ideen. This is great because this is all ours. We can move all the different things around and try to change things.
Das Programm war sehr gemischt; ihr habt alte und neue Songs gespielt. Hattet ihr eine Strategie: erst die alten Songs und dann die neuen?
Wir spielen neue Songs immer, bevor sie auf einem Album erscheinen.
Nein, ich meine, ihr hättet euch auch überlegen können, erst ein Set mit den alten zu spielen und dann ein Set mit den neuen dranzuhängen.
Ich glaube, dass Thom ziemlich unzufrieden war mit der Musik in England. Alle hörten sich an wie Radiohead. Also mussten wir etwas ändern. We had to change things: change or die.
Wenn man von einer Band, von der man schon ein paar Platten kennt, eine neue Platte vorliegen hat, dann muss eine Veränderung vorliegen. Sonst kann man höchstens sagen, die Platte ist so gut wie die vorangegangene, aber nichts wäre enttäuschender als keine Veränderung.
Seit den Beatles sind britische Bands Meister in diesem Fach. Die waren doch die Besten. Die haben sich mit jeder Platte verändert. Die Rolling Stones haben doch immer das gleiche gemacht, oder?
Ist da im Moment irgendeine Band, die du von Anfang an gemocht hast?
Clinic. Und Big Bands. Nein nein, ich höre keine Big Bands ...
Kennst du Billie Mahoney? Sehr amerikanisch, klingt wie alte SST-Geschichten.
Cool, aber nein, kenne ich leider nicht. Du musst mir unbedingt was aufnehmen und was dazu schreiben. Das wäre sehr nett. Die Musik, von der du mir erzählst, interessiert mich sehr. Ich bin auch immer auf der Suche nach neuen Sounds. Womit ich aber bei elektronischer Musik nicht klarkomme, ist, dass sie mir nicht musikalisch genug ist, sie wird nicht auf eine musikalische Art und Weise dargestellt. It’s never taken as far, it’s never pushed to the next level. It never escapes the bedroom it’s been created in. And I think that’s a shame. Das ist aber die Herausforderung. Also schnappen wir uns unsere Laptops und versuchen, Laptop-Musik zu machen. Also: alte und neue Musik. Ich glaube, das Wichtigste ist nach wie vor die Qualität eines Songs. Es ist egal, auf welchen Instrumenten wir unsere Songs spielen, sie wären immer wunderschön.
Wie arbeitet ihr? Habt ihr zuerst ein Konzept, dem dann die Musik folgt?
Erst machen wir die Musik, und dann sehen wir, wohin die Musik führt. Wir haben die Musik auf unseren Rechnern und überspielen sie dann auf Tapes, Tapes sind sehr wichtig. Wir benutzen schon Pro-Tools, aber meistens benutzen wir diese Pro-Tools als eine Tape-Maschine, um alles wieder neu zu manipulieren und zu bearbeiten. Man hört, wenn Musik professionell editiert wurde. Das Timing und der Rhythmus der Maschinen überlagert jene der Menschen. Wir kommen immer wieder darauf zurück, auf Tape aufzunehmen.
Habt ihr diesmal wieder mit eurem Produzenten Nigel Godrich zusammengearbeitet?
Da kommen wir auf noch einen interessanten Punkt. Nigel wurde vom Management um Rat bezüglich des Produzenten von Supergrass gefragt. Wir haben darüber nachgedacht, als wir miteinander sprachen, und sind zu dem Schluss gekommen, dass es kaum noch (bandeigene) Plattenproduzenten gibt. Die Leute haben heute so viele Möglichkeiten, sich selbst zu produzieren. Die kreative und die technische Welt sind viel näher aneinandergerückt. Der traditionelle Rockplatten-Produzent existiert nicht mehr richtig. Sie sind mehr zu Programmierern geworden. Und da sie als Programmierer sowieso mehr kreative Entscheidungen zu treffen haben als früher, machen sie wohl auch selbst Musik, statt Musik für andere zu produzieren.
Aber wäre es nicht auch für einige der elektronischen Musiker, von denen du sagtest, sie würden nicht ihrem Potenzial entsprechend produziert werden, hilfreich, einen Produzenten wie ihr zu haben?
Ja, vielleicht. Alles verändert sich. Es ist nicht nur die Musikindustrie, die sich ändert, auch die Musiker ändern sich. Das Arbeiten der Musiker. Was wir planen und was ich sehr aufregend finde, ist zum Beispiel, den Sound aus Cologne umzusetzen mit uns fünf Musikern. Bei elektronischer Musik ist man meist alleine, manchmal zu zweit, aber wir sind zu fünft, fünf Leute, deren Köpfe Musik generieren, das würde bestimmt sehr spannend sein. Wenn einer alleine Musik macht, dann hört man auch, dass die Musik ausschließlich einem Gehirn entspringt. Welche Möglichkeiten hat man mit der heutigen Technik und der Kreativität zu fünft ...
Ihr habt euch dafür entschieden, keine Single zu veröffentlichen.
Wir haben dem Management klargemacht, dass es auf dem Album keine Singles gibt. Bei jedem Album haben die uns erzählt, es gäbe Singles, aber dieses Mal konnten sie uns nicht überzeugen. Wir möchten in Zukunft mehr Musik veröffentlichen. Im Frühjahr wird es vielleicht ein neues Album geben. Wir haben noch ein anderes Album im Handgepäck mit zwölf Songs. Die spielen wir live, sie sind aber nicht auf diesem Album.
Ich hatte leider nicht richtig Zeit, mich mit dem Album auseinanderzusetzen, da wir erst gestern das Tape bekamen ... Ja, das tut uns auch leid, das ärgert uns, dass wir so mit der Presse umgehen müssen. Dass wir mit unserem Album so umgehen müssen wie Sony mit dem neuen Bruce Springsteen-Album: hinter Panzerglas, mit Securitys ... Wir müssen vorsichtig sein wegen des Internets.
Ich habe gehört, dass fast alle Songs des neuen Albums online über Napster und Co. zu haben sind ...
Ja, aber es sind „nur“ Live-Aufnahmen ... Na ja, wir haben so hart daran gearbeitet, das Artwork zu der Platte ist wunderschön, Dan und Thom haben das gemacht.
Wir haben nur einen Blick drauf werfen können, aber es war nicht das Artwork, sondern das Material, das die EMI für die Promo benutzt.
Da haben wir es ja schon wieder. Die Plattenfirma gibt einer Grafikdesign-Company den Auftrag, dabei wäre letztere überflüssig, wenn man zu Hause einen i-Mac, Photoshop und einen Scanner hätte.
Ist das ein Wunsch von euch, alles selbst zu machen?
Ja, das war es schon immer, und darauf legen wir immer mehr Wert. Wie eine kleine Manufaktur. Mittlerweile macht es ja jeder so. Nur weil wir jetzt bei der EMI sind, heißt das noch lange nicht, wir könnten uns nicht mehr so verhalten, als wären wir auf Morr Music.
Sich gegen die Single-Auskopplung entschieden zu haben war ein guter Schritt. Euer Album empfinde ich sowieso eher als Konzeptalbum. Bei derartigen Platten ist es immer ein Problem, eine Single auszukoppeln.
Ja, und dann für MTV noch ein Video zu produzieren ... Die Videos auf MTV heutzutage ... Die ziehen Rockvideos wie Madonna-Videos auf, alles ist Glamour. Das sieht alles gleich aus. Ideen von zwei oder sogar nur ein halbes Jahr alten Videos werden recycelt für ein neues Video ... Wir möchten uns von so etwas abheben. Das Letzte, was wir tun würden, ist ein Video für MTV. Dann bist du genauso wie alle anderen. Wir würden aussehen wie Leute, die versuchen, Radiohead zu kopieren. Das wäre zu verrückt ... zu postmodern.
Gibt es keine Klagen von eurer Plattenfirma deswegen?
Nein, denn wir haben hart an Alternativen gearbeitet, wie zum Beispiel unseren „Blips“. Hast du die gesehen? Dreißig Sekunden lange Video-Animationen. Ich hatte die Idee, als ich mit meinem Manager in Amsterdam war. Vor zwei Jahren, als wir Interviews gemacht haben. Wir saßen in einer Bar und haben über das gesprochen, was wir hassen und was wir insbesondere an Videos hassen. Basically a pop video is a shit outspread, done by a director who wants to do adverts. Keine gute Werbung geht dreieinhalb Minuten lang. Und gute Werbung stellt auch keine Leute dar, die Instrumente spielen. Zur gleichen Zeit traten viele Companys an uns heran, wie zum Beispiel Guinness, die mit unserer Musik weltweite Kampagnen starten wollten. Wir haben ganz klar Nein gesagt. Wir sind so aber auf die Idee gekommen, unser Produkt, also unsere Musik, selbst zu bewerben in diesen 30-Sekunden-Spots. Wir nehmen den besten Hook aus dem Song und werben in diesen Blips für unsere Musik. Und lassen dabei diesen ganzen Videoclip-Scheiß raus. Wir wollten keine Kompromisse, und ein Popvideo ist nun mal ein Kompromiss. Die Blips arbeiten sehr spannend mit den Programm-Intervallen des Fernsehens. Sie unterbrechen das Programm, statt Teil davon zu werden. 30-Sekunden-Kurzfilme. Es gibt sie auch im Internet zum Download. Das Ganze erscheint uns ehrlicher und frischer. Guinness hätten uns eine Menge Geld gegeben, aber wir bewerben uns lieber selbst. Und lieber anders.
Man muss sich für eure Platte wirklich viel Zeit nehmen, bevor man zum Beispiel ein Interview mit Anspruch auf Tiefe machen kann. Auch für die Lyrics. Diskutiert ihr eigentlich über die Songtexte in der Band?
Nein, Thom wollte für sich versuchen, über anderes zu singen, und das haben wir ihm gelassen. Er sucht nach anderen Ideen und hat mit dem Prozess noch immer nicht abgeschlossen. Die Lyrics sind etwas Persönliches, darüber wird weder in der Band noch bei Interviews gesprochen.
Magst du die Texte?
Ja, die Songs erklären sich mir, je öfter ich sie höre. Und das sage ich als Bandmitglied ... Es dauert, aber das ist viel besser. Viel interessanter.
Eines der Stücke heißt „To Disappear Completely“ - ist das auch das Ziel der Band?
Thom hat vor zwei Jahren in Kanada angefangen, diesen Song zu schreiben. Es ging darum, sich all dem Druck und den Erwartungen während der Tour zu entziehen. Ich glaube, es ist auch ein Verweis auf eine amerikanische Internetseite, auf der ein Handbuch zu dem Thema „How To Disappear Completely And Never Be Found“ zu finden ist. Auf der Seite geht es ernsthaft um das Abtauchen in den Untergrund, um eine Änderung seiner Identität. Um sich der alltäglichen Kontrolle durch die amerikanische Regierung zu entziehen.
Das geht einher mit dem Sound, den ihr entwickelt habt, oder? Der Live-Aspekt scheint nicht mehr so wichtig zu sein wie bei einer klassischen Rockband. Viele dieser sogenannten Laptop-Musiker generieren bei einem Event eher ein Umfeld, einen Raum, darum mag ich auch eure Zeltidee so gerne. Da macht ihr etwas Ähnliches. Wenn SND live auftritt, geht es nicht darum, ihn da mit einem Laptop stehen zu sehen, sondern zu erleben, dass er live etwas anderes generiert als das, was man von der Platte kennt.
Klar, aber trotzdem braucht man eine Performance, oder? Die Interaktion zwischen dem Act und dem Publikum muss stattfinden. Ich weiß es nicht. Ich war noch nie bei einem sogenannten Laptop-Konzert, vielleicht kommt dem die Vorstellung eines DJ-Sets am nächsten. Ein Journalist der New York Times erzählte mir kürzlich von einer Studie, wonach die Kids sich keine Instrumente kaufen, sondern Turntables und damit die ganze Zeit in ihren Zimmern verbringen.
Aber du hast recht, viele eurer Fans könnten keinen Bezug zu einer derartigen Low-level-Performance bekommen. Ihr seid schon gezwungen, eine Show zu machen ...
Auf unserem Album ist ein Song, „Everything In Its Right Place“, der erste Song. Für das Album wurde er von Nigel mit einem Keyboard von Protools aufgenommen. Nigel erzeugt dabei und damit auch diese Scratch-Sounds. Und es hört sich großartig an. Live spielt Thom ein Rhodes-Keyboard und singt, Johnny hat ein Chaos-Pad, cuttet damit die Vocals und scratcht sie live, wie ein DJ. Und Ed cuttet die Rhodes-Signale live mit seinen Samplern, Loop-Pedals und spielt verschiedene Samples ab. Das ist eine brillante Kombination von einer Liveperformance mit Technik. Das möchten wir auch in zukünftige Aufnahmen einbringen. Man sollte annehmen, dass man mit einem Laptop zum Beispiel keine Grenzen des musikalischen Ausdrucks hat, aber das ist nicht so, alles hört sich gleich an.
Weil viele der Künstler die gleichen Programme benutzen. Aber es ist immer noch so wie früher: es kommt immer darauf an, was man daraus macht. Manche sind einfach besser und haben kein Interesse daran, den einfachen Weg zu gehen ...
Du bist sehr optimistisch. Glaubst du daran, dass die Leute die Technologie so ausnutzen und pushen können, wie man es mit einer E-Gitarre kann?
Jeden Monat liegen an die 400 Platten auf meinem Schreibtisch; wir hören uns alle Platten an. Davon bleiben 50 bis 100 interessante übrig: 30, die gut sind, und fünf, die man auch zu Hause hören wird. Aber unter diesen fünf ist auch so eine Platte wie die von SND oder die Kid 606 ....
Ja, Kid 606 ist gut, ich habe seine Mini-CD ... Das Problem selbst bei den Guten ist aber, dass die Leute oft nur von einer Idee leben und aus dieser Idee ihre Musik machen. Da läuft man Gefahr, sich zu wiederholen. Ein Track haut dich um, der Rest trägt die gleiche Idee in sich, ist aber nicht so stark.
Es wird auch zuviel releast. Manche dieser Leute bringen jeden Monat eine neue Platte raus. Das ist zuviel, finde ich.
Genau, die Musik hat nicht genug Zeit. Das sagte auch Jerry, das ist zu unübersichtlich ... Ich brauche jemanden, der in Köln lebt, diese Musik hört und mir sagt, was gut ist. Er bräuchte wahrscheinlich jemanden wie dich. Man braucht einen Filter, weil es einfach zuviel ist.
Das sollte der Anspruch eines Musikjournalisten gegenüber dem Leser sein. - Magst du die Idee, mit den anderen beiden Bands eine gemeinsame Darstellung bei uns zu erfahren?
Ja, das ist gut. Ich finde, das ist eine richtig gute Idee. Wir haben gestern mit dem Sänger von Sigur Rós gesprochen; er kam in die Umkleide, um mit uns einen zu trinken. Er empfahl uns einige Musik. Hast du gesehen, dass er während der Show mit dem Mikro an der Stirn gesungen hat?
Ich fand es ein bisschen enttäuschend, dass nur die Hälfte eurer Fans im Zelt war, als Sigur Rós spielten. Wenn ihr so eine Band als Support anheuert, hegt ihr dann die Hoffnung, dass eure Fans sie auch mögen?
Ja, klar. Wir sind sehr froh, dass wir mit Sparklehorse, Clinic und nun Sigur Rós zusammen touren dürfen. Die sind gut. Wir sind aber froh, wenn wir im Oktober wieder zu Hause sind. Das ist uns sehr wichtig. Das Ende unserer Tour ist in Sicht. Das ist gut. Was uns aufrechterhält, ist, dass wir zwischendurch auf unseren Reisen immer wieder die Zeit finden, davon wegzukommen.
Du hast eben zugestimmt, dass einige der Laptop-Musiker zu viele Platten veröffentlichen. Ihr habt ja eher das umgekehrte Problem. Ihr braucht so lange für ein neues Album, dass entsprechend zur Produktionsdauer auch die Erwartungen und der Druck steigen.
Ja, und das möchten wir in Zukunft ändern. „Kid A“ ist erst mal das letzte Album, das wir im typischen Album-Tour-Album-Zyklus erstellt haben. Wir wollen von nun an mehr Musik veröffentlichen, nur wissen wir noch nicht genau wie. Im Frühjahr wird es vielleicht ein neues Album mit zwölf Songs geben, die wir zwar schon live spielen, die aber nicht auf „Kid A“ sind. Vielleicht veröffentlichen wir aber auch eine Reihe von EPs oder machen neue Stücke über das Internet zugänglich. Fest steht nur, dass Radiohead jetzt anders funktionieren.
digital is better


For the current tour, you’re playing in a purposefully self-constructed tent. Behind it lies the idea of creating one’s own space, an environment that does the music justice and, most importantly, establishes the best live-sound. Satisfied?
Oh yes. You never know how something like that could turn out. The first time we saw the tent was on the day of the first gig. It turned out great. We’re really satisfied with it.
Did you set up all the gear inside the tent beforehand to test the sound?
No. Crazy, but no one saw it until the day it was built. No one knew if it would work. I like the inside a lot. It was done by a Japanese designer called Nguchya. Inside it’s like the belly of a whale. That’s the effect of the Japanese design, too, though, what with all the supports and beams…
It is quite unbelievable that you designed it only for your tour. If you look at all the crappy festivals set up on some random fields...
All the fun was rather costly… we won’t be making any profit from this tour. Other bands tour to earn money, and we either have losses or just about get away with it. We do it because we’re crazy…
But, consequentially, it means the audience will never forget this concert…
It’s great, because the audience can see that we’re putting an effort into it. Nearly the whole tour is sold-out, except Paris. I’d love it if we could do all of this in the States, too. And even play around with it a little more. Maybe bring in a few DJs, a few new ideas. It’s great when it belongs to us. We can change things when we feel like it, and even try out new stuff. However, we’re quite happy the end of the tour is approaching. What keeps us going is the ability to find time to remove ourselves from the tour lifestyle between concerts.
How did it come to Sigur Rós supporting you?
I gave Thom some of their old records, and he liked them. That’s the great thing about our position: we can invite bands that we like. We even had Clinic opening for us this year; they’re brilliant as well. Sigur Rós, they’re incredible. And very friendly people. They sound like they’re influenced by Slowdive.
I head that you like a lot of music from Cologne, like A-Musik and Kompakt.
Yeah, though I don’t really like Mouse On Mars much. They’re too ‘pop’ for me.
Do you think that this music had a direct influence upon the new record?
In the last years we’ve really grown to like electronic music. Most of it sounds very innovative, perhaps more innovative than anything we’ve done so far. I also enjoy SND. They create some beautiful sounds. Great samples and scratches. There’s also a really great guy from San Francisco…
Kid Clayton, perhaps? The scene over there is currently very interesting. A lot of laptop-electronica.
Yes. A common problem with electronic music, though, is that it’s often the melodies are too weak. They may only be held together by the beats. And sometimes the sounds are then sadly not very good – they sound like they came out of a laptop.
But the music is frequently produced badly on purpose, because the musicians want that ‘low-fi’ aspect to be present.
Yes, and I don’t like that. It sounds dead. There is no melodic progression in this music, and I miss the musicality of it. The problem, even in the good ones, is that they only feed off of one idea and base their music off that one idea. It’s all too easy to repeat yourself if you work like that. One track knocks you over, and the others all have the same idea but not with the same effect. This kind of music rarely escapes the bedroom it was recorded in. That’s a shame, but that’s where the challenge lies for us. So we grab our laptops and try to create laptop-music.
There’s too much being released, too. Some of these people bring out a new record every month. That’s too much, in my opinion.
Yeah, the music doesn’t have enough time. And it’s too unclear… You need someone who tells you what’s good – a filter – because it’s just too much. When you buy a new record from a band whose previous records you already know, there must be a change present. Otherwise you can only say the record is as good as the previous one, but nothing would be as disappointing as encountering no change. Ever since the Beatles, British bands have become masters of this art. They were the best, after all. They changed with every record. The Rolling Stones always did the same things, right? I think Thom was pretty unhappy with the music in England. Everyone sounded like Radiohead. So we had to change something. Change or die.
How do you work? Do you first establish a concept, which the music then follows?
First we make the music, and then we see where the music is going. We have the music on our computers, and then transfer them to tapes. Tapes are still very important. You can hear when music was professionally edited. The timing and rhythmic ability of the machines overshadows that of any human. We always return to recording things onto tapes. Especially with this album, where we played everything into them only to manipulate it later on.
Did you collaborate with your producer, Nigel Godrich, again?
Yes, he’s almost like a member of the band now. Which brings us onto another interesting point - Nigel was asked for advice by our management [which is also the management of Supergrass] concerning the producer of Supergrass. We thought about it and came to the conclusion that there are hardly anymore band-specific record producers left. People have so many opportunities nowadays to produce themselves. The creative and technical worlds have shifted a lot closer together. The traditional rock-producer doesn’t even exist anymore, really. They kind of turned into programmers. And because, as programmers, they’ve got to make more creative decisions than before anyway, they start to create their own music rather than produce it for others.
But isn’t it helpful for some electronic musicians to have a producer, like you guys?
Yes, maybe. Everything changes. It’s not only the music industry that changes; the musicians do, as well. What we’re planning, and what I find very exciting, is something along the lines of, say, converting the sound from Cologne into us five musicians, for example. In electronic music you’re mostly alone, or sometimes with someone else, but there’s five of us. Five people who’s heads generate music. It would surely be very exciting. You can usually hear when someone does music alone that it’s jumping out of one brain. The possibilities you have now with current technology and the creativity of five people…
You also decided not to release a single.
With all our records so far we’ve tried to make it clear to our management that there aren’t any singles on the album. With every album they told us there were singles, but this time they couldn’t convince us.
I see you album as a concept album, anyway. With these kinds of records it’s always a problem when it comes to digging out the singles.
Yes, and then to produce a video for MTV, too… Nowadays it’s all about glamour over there. Rock videos look like Madonna videos. It’s all become interchangeable. Ideas from two or even just half a year old videos are recycled for new videos. We want to lift ourselves away from something like that. If we were to continue like before, we’d look like people trying to copy Radiohead. That would be too mad… too post-modern.
Aren’t there any complaints from your record company about this?
No, because we’ve worked hard on alternative approaches, like our “Blips”. Those are 30-second video animation. We thought about the fact that we hate videos. The video is nothing more than the business card of the director, who’d love to make commercials. But no good commercial runs for three-and-a-half minutes. And good commercials don’t show any people that play instruments, either. There have been many companies, like Guinness for example, who’ve approached us about using our music to start worldwide campaigns. We very clearly said no, but came to the idea we ourselves could advertise our product – our own music – using 30-second clips. Additionally, the clips work really well with the programme intervals on television. They disrupt the programme, rather than becoming a part of it. The clips can be downloaded from the Internet now, too.
Do you discuss the lyrics as a band?
No, Thom wanted to try to sing about something else, by himself. He’s searching for other ideas and hasn’t yet completed that process yet. The lyrics were something personal, so they aren’t discussed in the band nor during interviews.
One of the pieces is call “To Disappear Completely” – is that the also the aim of the band?
Thom started to write this song in Canada about two years ago. It was about removing yourself from the pressure and expectations of the tour. I think it’s also a reference to the American website, which contains the guide to the topic of “How To Disappear Completely And Never Be Found”. The site concerns serious approached to diving into the underground, about changing your own identity to withdraw yourself from the daily control of the American government.
You agreed earlier, that some of the Laptop-musicians release too many records. You guys seem to have the opposite problem. You need such a long time to make a new album, that the expectations and pressure rise as the length of the production increases.
Yes, and we’d like to change that in the future. “Kid A” is the last album for the time being that we created in the typical album-tour-album cycle. From now on, we want to release more music, but we’re not sure how. There might be a new album released early next year, with twelve songs that we’ve played live before but that aren’t on “Kid A”. Maybe we’ll release a series of EPs or make some new pieces accessible over the Internet. The only thing that’s certain is that Radiohead function differently now.